WikiLeaks-Gründer Julian Assange in London verhaftet

Die britische Polizei hat den Gründer der Internet-Plattform WikiLeaks, Julian Assange, festgenommen. Scotland Yard teilte am Dienstag mit, der 39-Jährige habe sich in London selbst gestellt. Der Australier sei nach seinem verabredeten Erscheinen auf einer Polizeiwache "gemäß einem europäischen Haftbefehl um 10.30 Uhr festgenommen worden", hieß es weiter. Er werde im Laufe des Tages einem Richter in London vorgeführt. Dieser entscheidet dann über eine mögliche Auslieferung an Schweden.

Die britischen Behörden hatten am Montag einen neuen Haftbefehl aus Schweden erhalten, mit dem Assange wegen des Vorwurfes der Vergewaltigung und sexuellen Belästigung von der Justiz gesucht wird. Auch die internationale Polizeibehörde Interpol hatte den Gründer der Internet- Enthüllungsplattform auf die Fahndungsliste gesetzt.
Assange wies die Anschuldigungen zurück und sprach von einer Schmutzkübelkampagne. Seinem Anwalt zufolge gehen die Vorwürfe auf einen "Streit über einvernehmlichen, aber ungeschützten Geschlechtsverkehr" zurück. Eine Anklage gegen ihn liege nicht vor. Einen ersten Haftbefehl aus Schweden konnten die britischen Behörden wegen formaler Fehler nicht vollstrecken.

Freilassung gegen Kaution?

Der "Guardian" berichtete am Dienstag, Assange wolle mit der britischen Justiz über eine Freilassung gegen Kaution verhandeln. Die Kaution könnte demnach zwischen 100.000 und 200.000 Pfund (120.000 bis 240.000 Euro) betragen. Assanges Anwalt Mark Stephens wollte den Bericht nicht bestätigen. "Ich habe bisher keine Vereinbarung mit der Polizei getroffen", sagte er.
Am Montag hatte Stephens der BBC gesagt, sein Mandant sei zu einem Treffen mit der britischen Polizei bereit. Demnach befand sich Stephens in Kontakt mit der Polizei zur Vorbereitung eines freiwilligen Treffens mit Assange in "absehbarer Zukunft". Bei dem Gespräch solle Assange lediglich befragt werden, sagte Stephens. Der Anwalt hatte zuvor erklärt, er werde jeden Versuch zur Auslieferung Assanges bekämpfen. Er fürchtet, dass Schweden den 39- Jährigen an die USA ausliefern könnte, die wegen der Veröffentlichung vertraulicher US- Depeschen gegen Wikileaks und Assange ermitteln.

WikiLeaks wird vom Geld abgeschnitten

Die Webplattform WikiLeaks schlittert insgesamt von einem Jammertal ins nächste: Nach gekappten Internetleitungen und gesperrten Domains sehen sich die selbst ernannten Enthüller nun mit Geldflussproblemen konfrontiert. Neben dem Onlinebezahldienst PayPal hat jetzt auch der Kreditkarten- Dienstleister Mastercard alle Zahlungen an WikiLeaks gesperrt.
Die WikiLeaks- Gegner versuchen, der Website offenbar von allen Seiten beizukommen - jetzt auch von der finanziellen. Mastercard habe eine Regel, wonach Kunden gesperrt würden, die "illegale Handlungen direkt oder indirekt unterstützen oder erleichtern", sagte ein Sprecher der Kreditkartenfirma am Montagabend der US- Website CNET. Zuvor hatte bereits das Internetbezahlsystem PayPal Wikileaks gesperrt. Es ist nicht auszuschließen, dass auf die beiden Unternehmen - ähnlich wie bei Amazon - von offizieller Seite Druck gemacht wurde.
Die Enthüllungsplattform, die ihre Sympathisanten in den vergangenen Tagen verstärkt um Spenden gebeten hat, kann jetzt derzeit jedenfalls nur noch über Visa, Banküberweisungen oder auf dem altmodischen Postweg Geld erhalten. Schon allein für den Betrieb der Website mit den Dokumenten braucht WikiLeaks täglich aber ein kleines Vermögen.
Übrigens: Nicht nur Spendewillige haben Probleme, ihr Geld zu Assange und Co. zu bekommen. Auch die Enthüller tun sich zunehmend schwerer, die Spenden in Empfang zu nehmen. Am Montag hatte die Schweizer Bank "Postfinance" die Schließung von Assanges Konto bekannt gegeben. Als offizieller Grund wurde genannt, dass Assange bei der Kontoeröffnung falsche Angaben zu seinem Wohnort gemacht habe. Das Konto war als Spendekonto benützt worden.

"Cablegate": Neue Dokumente über Iran und Nicaragua

Die jüngsten Enthüllungen aus den Depeschen: Die iranische Regierung soll während des Bosnien- Krieges (1992- 1995) auch die Hilfsorganisation Roter Halbmond für Waffenlieferungen auf den Balkan benutzt haben. Der nicaraguanische Präsident Daniel Ortega soll durch Drogenhändler und seinem venezolanischen Amtskollegen Hugo Chavez finanziell unterstützt werden. Ortega habe im Gegensatz dafür gesorgt, dass inhaftierte Drogenkriminelle freikommen, heißt es. Ins Netz gestellt wurde auch eine weltweite Liste von Firmen und Einrichtungen, die nach Angaben der US- Regierung terroristisch bedroht sein könnten (siehe Infobox).